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Werwolf rastet aus

Posted in Allgemein, Biografische Schreiben, Text, Was wir schreiben with tags , , , , on 13. Februar 2012 by bks6

Ich trete aus meiner Wohnungstür und das Erste, was ich an diesem Abend zu sehen bekomme, sind die dümmlichen Gesichter von Jugendlichen, nein, eher Halbwüchsigen, die wohl nichts Besseres zu tun haben, als sich genau auf diesem, meinem Fleck Erde zu tummeln. Eine Make-up-Fassade dreht sich weg, fängt an zu kichern und quietscht in der Tonlage einer Kreissäge, wie hässlich das doch sei. Mit das meint sie wohl mich oder meinen Versuch, mich bei der Eiseskälte über meinen Stolz hinwegzusetzen und in meine russische Fellmütze zu graben. Ich überlege mir kurz, ob ich sie am Kragen packen und so lange schütteln soll, bis sich die Synapsen ihres Hirns zufällig verbinden, entscheide mich aber dagegen, weil mich der Gedanke irritiert, dass sich zehn dieser Dackel kläffend in meine Waden beißen.

Der Impuls zu Schütteln überkommt mich häufig. Neulich erzählte mir ein Freund, den was weiß ich was in die Jugendsozialarbeit getrieben hat, wie einer seiner halbwüchsigen Schützlinge den Versuch gewagt habe, den vierten Teil der eigentlich nicht nennenswerten Twilight Saga zusammenzufassen, nämlich so: „Vampir poppt Frau. Frau wird schwanger. Baby frisst Frau. Vampir beißt Frau. Werwolf rastet aus.“ Am liebsten würde ich sie alle so lange durchschütteln, bis irgendetwas Gescheites bei ihnen herauskommt, vergleichbar mit der Shufflefunktion eines iPod-Nano, der durch das Schütteln zufällig zu einem anderen Programm springt. Wie ein Schüttelei, ein Daunenfederkissen oder ein Milchshake. Es gibt so viele Beispiele, bei denen erst geschüttelt werden muss, bevor sich die Auseinandersetzung damit lohnt – ich frage also die Fachwelt: Warum nicht bei Jugendlichen? Werwolf rastet aus.